Er will Klagenfurt noch lebenswerter gestalten, nach „vorne bringen“ und setzt dabei auf „mutige Zukunftsentscheidungen“: Klagenfurts Erster Vizebürgermeister Mag. Philipp Liesnig. Der in der Landeshauptstadt geborene und in Bleiburg aufgewachsene Familienvater hat mittlerweile mehrere Funktionen in Politik und Wirtschaft bekleidet. Mit seinem Team betreut der 41-jährige Politiker die Bereiche „Finanzen“, „Beteiligungen“, „Bildung“ und „Integration“. Der Jurist will die Gelder der Steuerzahler „vernünftig“ einsetzen.
Können Sie als Klagenfurter Finanzreferent mit diesem Schuldenberg noch ruhig schlafen?
Vzbgm. Philipp Liesnig: Der Budgetvoranschlag 2024 wird dem Gemeinderat am 30. Jänner vorgelegt. Bis dahin sollen noch Reformmaßnahmen erarbeitet werden, um ein nachhaltiges und zukunftstaugliches Budget präsentieren zu können. Wir haben jetzt einen prognostizierten Abgang von knapp sechs Millionen Euro. Bei einem bundesweiten Vergleich der Städte können wir trotzdem einen verhältnismäßig guten Haushaltsplan vorlegen. Es schmerzt natürlich, dass wir einen Abgang verzeichnen müssen – 374 Millionen Euro Einnahmen stehen 380 Millionen Ausgaben gegenüber. Ich gehe aber davon aus, dass der Rechnungsabschluss 2024 ein positiver sein wird. Deshalb sind weitere interne Reformen unerlässlich. Wir werden die Schulden aufarbeiten. Daher kann von einer finanziellen Situation, die nicht stemmbar wäre, keine Rede sein. Die Stadt Klagenfurt verfügt zudem über Vermögenswerte von 1,5 Milliarden Euro. In der Privatwirtschaft würde bei so einer Situation niemand davon ausgehen, dass ein Unternehmen deshalb vor der Pleite steht. Das gilt auch für Klagenfurt, wo wir ein Budget mit Herz und Verstand präsentieren und bedürftige Menschen nicht vergessen. Trotz Erhöhungen der Personalkosten auf 120 Millionen und den Zahlungen an das Land von mittlerweile 107 Millionen Euro.
Sie beklagen ein ständiges „Klagenfurt-Bashing“….
Nun – wenn negative Bedingungen alle Kommunen treffen, wird immer ein besonderer Fokus auf Klagenfurt gelegt. Die Rahmenbedingungen für das Budget sind das beste Beispiel dafür. Warum gibt es eine schwierige Ausgangsposition? Weil die Wirtschaftsleistung implodiert, die Inflation hingegen explodiert. Das ist auf eine verfehlte Wirtschaftspolitik des Bundes zurückzuführen. Das trifft alle Kärntner Kommunen hart. Deshalb ist fast niemand in der Lage ein ausgeglichenes Budget vorzulegen, ausgenommen jene Gemeinden, die über starke Unternehmen mit hohen Kommunalsteuern verfügen. Aber wer wird als Pleitegeier des Landes dargestellt? Die Landeshauptstadt. Das ist nicht in Ordnung.
Müllgebühren werden angehoben. Es muss gespart werden. Müssen die Klagenfurter den Gürtel enger schnallen?
Die zuständige Fachabteilung konnte darlegen, dass wir diesmal um die Erhöhung nicht herumkommen. Im nächsten Jahr wird die Gebührenbremse des Bundes schlagend. Um solche Erhöhungen zu vermeiden, sind von den zuständigen Referenten Reformschritte zu setzen.
Eine Frage an den Beteiligungsreferenten: Wie sieht es mit der geplanten Holding für städtische Betriebe aus?
Derzeit werden Gesellschaftsverträge und Regeln ausgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass wir bei diesem Prozess rasch vorankommen.
Sie sind für Bildung zuständig. Besteht hier Aufholbedarf?
Das muss ich auf alle Fälle bejahen. Hier stehen zwei Großprojekte an, die dringend umzusetzen sind. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn schon vor meiner Zeit als Finanzreferent die Volksschule Spitalberg und das Bildungszentrum St. Peter generalsaniert worden wären. Ich kann die Zeiger der Zeit nicht zurückdrehen, bin aber für eine rasche Renovierung. Die Nachmittagsbetreuung und die Elementarpädagogik liegen mir ebenfalls am Herzen.
Zur Causa Prima – zur „Affäre Jost“. Was ist mit den schwer nachvollziehbaren Überstunden des gefeuerten Magistratsdirektors, eines Projektkoordinators und eines Bürgermeister-Mitarbeiters? Und wie sieht es mit dem „Spitzel-Skandal“ aus?
In der „Spitzel-Affäre“ mit sensiblen Daten im Magistrat sind jetzt die Staatsanwaltschaft und die Datenschutzbehörde am Zug. Hier wird intensiv geprüft. Die politisch heikle Frage ist allerdings, ob, wie es ursprünglich geheißen hat, Peter Jost die Alleinverantwortung trägt oder ob der Bürgermeiste ebenfalls informiert war, wie dies wiederum Herr Jost behauptet. Das werden die Behörden zu klären haben, Ermittlungen laufen. Was die Überstunden betrifft – hier müssen strafrechtliche Prüfungen stattfinden, also ob sich jemand unrechtmäßig bereichert hat. Über den Stadtrechnungshof muss zudem intern geklärt werden, ob diese Flut an Überstunden überhaupt gerechtfertigt waren. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, sind Rückforderungen zu stellen.
Haben Sie schon SP-Chef Andreas Babler getroffen?
Ja. Ich habe den Andy Babler als jemanden kennengelernt, der einen äußerst offenen Umgang pflegt. Er ist in einer größeren Runde auf alle Wortmeldungen eingegangen – und hat dabei auch selbstkritisch Position bezogen. Dabei definierte der SP-Bundeschef seine künftigen Schwerpunkte, etwa die Sozialpolitik. Ein Beispiel: Der Kampf gegen Kinderarmut. Ich glaube, dass Babler menschlich und politisch ein echter Gewinn ist.
Kehrt jetzt Ruhe auf dem Klagenfurter Flughafen ein?
Ich versuche meinen Beitrag dazu zu leisten. Ich bin mit dem neuen und engagierten Geschäftsführer zufrieden. Erste Erfolge stellen sich schon ein. Ob Ruhe einkehrt, liegt am Haupteigentümer. Ich würde mir allerdings einen umfassenderen Meinungsaustausch wünschen.
Die Affäre bei „Klagenfurt Wohnen“ sorgt für Diskussionen. Zudem soll – laut Zeitungsberichten – Referent Vizebürgermeister Dolinar seinem Sohn und einem Ex-Mitarbeiter Wohnungen verschafft haben…
Nun, es gibt genaue Richtlinien bei diesen Wohnungsvergaben, die einzuhalten sind. Es kann niemandem eine Wohnung verwehrt werden , nur weil er sich in einem Verwandtschaftsverhältnis zu einem Politiker befindet. In diesem Fall hätte sich der Referent allerdings für befangen erklären sollen. Das hat er aber nicht gemacht. Wenn ich richtig informiert bin, wurden Richtlinien nicht eingehalten, wurde ein Punktesystem übergangen. Die Causa muss vollständig aufgearbeitet werden, weil es sich um eine Einrichtung mit sozialem Charakter handelt. Es herrscht Handlungsbedarf. Eine willkürliche Vergabe oder Vorreihung darf nicht passieren.
Wie funktioniert das Spiel der freien Kräfte, also die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien?
Durchaus korrekt. Ich würde mir seitens der anderen Parteien mehr Initiativen wünschen. Als SPÖ gehen wir mit konstruktiven und dort, wo es erforderlich ist, auch mit unpopulären Vorschlägen voran. Das ist eine Verantwortung, die die stärkste Partei übernimmt. Ich nehme einen Fortschritt bei der Zusammenarbeit wahr, allerdings mit Luft nach oben.
Welche großen Projekte stehen an?
Wir nehmen für Investitionen 46 Millionen Euro in die Hand. Um nur einige Projekte zu nennen: Das neue Hallenbad, Ausbau des Lakeside Parks, die Unterführung Waidmannsdorf, Hochwasserschutz, Maßnahmen zum Neubau der Kläranlage, das weitere Radwegenetz usw.
Sie werden ständig als „Kronprinz“ für eine Kaiser-Nachfolge gehandelt. Stimmt das oder liebäugeln Sie mit dem Bürgermeisteramt?
Mir macht meine derzeitige Aufgabe viel Spaß und ich versuche mich dabei voll einzubringen. Bei meiner Einführung als Vizebürgermeister haben wir parteiintern festgelegt, dass wir die Frage, wer ins Bürgermeister-Rennen geht, bewusst offenlassen wollen. Ich gehe davon aus, dass dies mit entsprechender Nähe zur Wahl geklärt wird. Was die Landesebene angeht, so hat Peter Kaiser erklärt, dass er die Periode durchmachen möchte. Deshalb stellen sich diese Fragen jetzt nicht.
Ist es ein Vorteil, wenn man als ehemaliger Manager in die Politik einsteigen kann, also mit einem erlernten Beruf? Weil man nicht von der Politik abhängig ist…
Der Vorteil ist, dass man etwas freier agieren kann. Vor allem wenn man die Unternehmerseite kennenlernen konnte und so weiß, wie die Wirtschaft tickt. Das ist, zumindest aus meiner Sicht, kein Nachteil.
Sie sind Chef der Kärntner Naturfreunde. Wie stehen Sie zum Klimawandel?
Hier wird es zu gewaltigen Umbrüchen kommen. Je früher und entschlossener wir in Fragen der Umwelt und des Klimas reagieren, desto mehr können wir diese Krise bundes- und europaweit meistern. Das Schlimmste ist, vor dem Wandel, der uns offensichtlich bevorsteht, die Augen zu verschließen. Wir sind es nachkommenden Generationen schuldig, rasch notwendige Maßnahmen zu setzen. Wir dürfen die Sünden der Vergangenheit keinesfalls wiederholen.