Das ist das Ziel von Landeshauptmann Peter Kaiser und seinem Team der SPÖ Kärnten. Doch was verbirgt sich alles hinter diesem „Slogan“, wie sieht das Konzept im Detail aus? Das und vieles mehr wird in folgendem Interview von LGF Andreas Sucher beantwortet.
1) Was meint die SPÖ Kärnten mit dem Ziel, Kärnten zur familien- und kinderfreundlichsten Region Europas zu machen?
Diesem Ziel liegt ein breites und tiefgreifendes Konzept zugrunde, welches Familien- und Kinderfreundlichkeit quer durch alle gesellschaftspolitischen Bereiche betrachtet. Das beginnt beim öffentlichen Verkehr, damit zum Beispiel die Wahl einer Schule oder Bildungseinrichtung nicht einzig und alleine vom Wohnort abhängig ist. Das meint beispielsweise auch das Zusammenfassen von Angeboten unterschiedlichster Bereiche in der Jugend- oder der Familienkarte. Und das geht auch weiter hin bis zur qualitativ hochwertigsten und elternbeitragsfrei zur Verfügung gestellten Bildung: von der Elementarpädagogik (Kleinkind) bis zum Hochschulstudium (Erwachsenenbildung).
2) Das Kinderstipendium wird auch aktuell parteipolitisch diskutiert. Was sind die Unterschiede des Modells der SPÖ zum Vorschlag der ÖVP?
Das Kinderstipendium zielt darauf ab, Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit in zwei Bereichen zu schaffen:
- Frühkindliche Bildung soll unabhängig davon, ob es sich Eltern leisten können, ermöglicht werden.
- Wir wollen echte Wahlfreiheit für Eltern. Es darf für die betroffene Mutter oder den betroffenen Vater auch keine Ungerechtigkeit im Sinne ihrer persönlichen beruflichen Entwicklung geben.
Die Erfahrung zeigt, dass lange Kindererziehungszeiten zu Abhängigkeiten und Altersarmut zumeist bei Frauen führen. Das wollen wir mit diesem Konzept ausmerzen und vor allem im Sinne der Gerechtigkeit für Frauen diese Problemstellung lösen.
3) Was spricht gegen den Vorschlag der ÖVP, das Kinderstipendium auch Müttern, die zu Hause bleiben, auszubezahlen?
Das ist ein komplett konträrer Ansatz zu dem der SPÖ. Wir wollen Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit für Eltern, Mutter, Vater und Kind(er). Das sogenannte „Berndorfer Modell“ der ÖVP macht es für Eltern attraktiver, länger zu Hause zu bleiben und reduziert für Kinder die Chancen, sich in ihrer Persönlichkeit und im Sozialverhalten besser zu entwickeln. Ebenso geht die Schere betreffend Abhängigkeit und Altersarmut damit weiter auf.
4) Die ÖVP stellt in den Raum, dass die Eltern „die Besten Bezugspersonen für die Kinder sind“ und im Vergleich dazu Elementarpädagoginnen dies „wohl nicht besser können“?
Es geht nicht um die Frage, ob die Eltern „das Beste“ für die Kinder sind und wollen. Das ist absolut außer Streit. Es geht vielmehr um das Faktum, dass Kinder gerade auch im vorschulischen Alter viele prägende Stufen der sozialen und pädagogischen Entwicklung durchstreifen, bei welchen sie von gleich alten oder älteren Kindern im gemeinsamen Umgang lernen, in der Persönlichkeit wachsen, sich im Sinne unserer Gesellschaft weiterentwickeln. Dieses „Lernen von Kindern“ unter Anregung und geschulter Aufsicht der ElementarpädagogInnen braucht es, um auch in Zukunft einen integrativen und sich in die Gesellschaft einbringenden Lebensweg beschreiten zu können. Beispielhaft seien hier Werte wie Hilfsbereitschaft, Toleranz, Respekt, Kompromissbereitschaft, Durchsetzungsfähigkeit oder Teamfähigkeit genannt. Fähigkeiten und Werte wie diese sind es, die in weiterer Folge für ein glückliches Aufwachsen wie auch für spätere berufliche Selbsterfüllung und Selbstbestimmung unerlässlich sind. Nicht alle Teile davon lernen Kinder von Eltern, sondern primär und besser in der Gruppe mit und von anderen Kindern.
5) Kinder im Alter von 1,5 Jahren zur Betreuung in „fremde Hände zu geben“ fordert von Eltern trotzdem oft eine große Überwindung. Ist das gut und richtig?
Wir wollen diese Entscheidung keiner Mutter und keinem Vater vorgeben – Stichwort Wahlfreiheit. Es muss aber möglich sein, dass Eltern, die das möchten oder „müssen“, das auch können. Und das ist der wichtige Punkt: am Elternbeitrag für eine solche elementarpädagogische Betreuung darf es nicht scheitern. Es ist doch definitiv besser für Eltern und Kind, dass das Kleinkind zum Beispiel 4-5 Stunden am Tag in guter Betreuung bei einer entsprechenden Einrichtung oder dafür ausgebildeten Pädagogin oder Pädagogen ist, als dass Eltern auf Grund der Notwendigkeit zur Bestreitung ihres (Arbeits)- Alltages (z.B. zur Sicherung des Familieneinkommens, Haushalt) die Betreuung des Kindes oder der Kinder zwischen Terminen „irgendwie jonglieren“ oder ggf. „nebenbei“ beim Homeoffice „mitbetreuen“ müssen. Ich denke da vor allem an zB eine alleinerziehende Mutter, die ihren Alltag und das Überleben bewerkstelligen muss und dabei natürlich immer das Beste für ihr Kind im Sinne hat…
6) Was spricht konkret dagegen, für Kinder im Alter von 0-3 Jahren das Kinderstipendium auch den Eltern bei häuslicher Betreuung auszubezahlen?
Erstens ist das am Bildungskonzept vorbei gedacht. Elementarpädagogik ist nicht „Aufbewahrung“, wie es oft fälschlich lapidar gesehen wird. Zweitens ist das nicht finanzielle Aufgabe des Landes. Eltern bekommen in dieser Zeit (welches je nach gewähltem Modell kürzer in der Dauer und höher im Betrag oder länger in der Dauer und geringer im Betrag monatlich ausbezahlt wird) das sogenannte Kinderbetreuungsgeld des Bundes. Dieses gilt es zu erhöhen, will man in dieser frühkindlichen Phase Eltern stärker unterstützen.
Außerdem wäre für diese Zeit eine Harmonisierung der gesetzlichen Karenzregelungen mit den Modellen des Kinderbetreuungsgeldes notwendig. Da wären Verbesserungen für Eltern zu denken…
7) Pädagoginnen und Pädagogen beklagen, dass die Arbeitslast auf Grund der Gruppengrößen zu groß sei. Was wird dazu getan?
Unser Konzept sieht vor, auch schrittweise in die Qualität zu investieren. Die Gruppengröße soll daher sukzessive von aktuell 25 Kindern pro Gruppe auf 20 Kinder pro Gruppe reduziert werden. Dies geht nur schrittweise. Zum Beispiel würde eine Reduktion von 25 auf 24 bedeuten, dass es rund 20 zusätzliche Räumlichkeiten (Kindergärten) und dafür auch Pädagoginnen und Pädagogen braucht. Das kann nicht mit „Fingerschnips“ erledigt werden – dafür braucht es Zeit. Unser Plan sieht vor: pro Jahr Reduktion um 1 Kind. Dann können sowohl bauliche Maßnahmen als auch personelle Ressourcen – sowie natürlich auch die Finanzen – dafür geplant und vorbereitet werden.
8) Was sagen Sie zum Vorschlag des katholischen Familienverbandes, dass die wichtige „Familienarbeit“ leistbar sein muss und daher dieses Geld zu bezahlen sei?
Es ist aus unserer Sicht absurd, dies quasi „gegeneinander auszuspielen“. Der Stellenwert und die Wichtigkeit der Familie wird durch unser Konzept nicht geschmälert – im Gegenteil. Wer aber Familienarbeit honorieren möchte, der braucht keine Auszahlung des Kinderstipendiums für zu Hause betreuende Eltern fordern, sondern der muss dies an eine andere Stelle adressieren (Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe, …).
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – sprich Städte- und Gemeindebund – sagen nun: das neue Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz ist für Kommunen schlichtweg nicht leistbar. Was entgegnen Sie dem?
Wir befinden uns in Ausarbeitung des genannten Gesetzes. Ziel ist es, ein modernes, an die Entwicklungen und Anforderungen der Zeit angepasstes Modell zu erarbeiten, welches die bereits genannten Prämissen enthält: beste Bildung für die Kinder, größtmögliche Chancen und Gerechtigkeit für Eltern. Dass die sich daraus ergebenden Herausforderungen zusätzlicher Infrastruktur, Priorisierung finanzieller Mittel und die Ausbildung von Fachkräften eine gemeinschaftliche Aufgabe sind, ist klar. Wir werden in Gesprächen und Verhandlungen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden Lösungen finden, wie wir die Ziele gemeinsam erreichen können. Denn: der wichtigste Rohstoff der Zukunft – beste Bildung für unsere Kinder – muss es uns allen wert sein, lösungsorientiert zu diskutieren und auftretende „Problemstellungen“ gemeinsam aus dem Weg zu räumen.