Sind Kärntens Fließgewässer mit Mikroplastik belastet und, wenn ja, wie stark? Um diese Frage zu beantworten, führte die Landes-Umweltabteilung in Kooperation mit dem Umweltbundesamt in Wien eine Studie zu „Mikroplastik in Kärntner Fließgewässern“ durch, die heute, Mittwoch (4. Oktober 2023), im Rahmen einer Pressekonferenz von Umwelt-Landesrätin Sara Schaar und Thomas Friedl (Unterabteilung Gewässerökologie) präsentiert wurde.
„Die Studie gibt einen ersten Überblick auf das Vorkommen von Mikroplastik in Kärntens Fließgewässern. Damit ist Kärnten Vorreiter in der Forschung, denn es handelt sich um das erste Projekt, das in Österreich in dieser Form durchgeführt wurde“,
so Schaar einleitend.
Als Mikroplastik werden Plastikteilchen bezeichnet, die kleiner als 5 mm sind.
Wasser- und Sedimentproben
Insgesamt wurden 21 Wasser- und elf Sediment-Proben gezogen und zwar von elf Messstellen bzw. an sechs verschiedenen Flüssen (Drau, Gurk, Malta, Glanfurt, Rababach, Peratschitzenbach-Zubringer).
„Es gibt derzeit kein Normverfahren für die Probenahme von Mikroplastik aus der fließenden Welle. Daher haben wir in Kooperation mit dem Umweltbundesamt ein eigenes mobiles Probenahme-Gerät entwickelt und gebaut. Es wurden je Probe etwa 15.000 Liter Wasser abgepumpt und an Land unter kontrollierten Bedingungen gefiltert“,
erläutert Friedl.
Untersucht wurde eine Partikelgröße zwischen 0,05 und 0,5 mm bei zehn Kunststoff-Arten, welche die Mehrheit der weltweit produzierten Kunststoffe ausmachen. Die Analysen erfolgten im Labor des Umweltbundesamtes.
Mikroplastik überall nachgewiesen
„In allen untersuchten Wasser- und Sedimentproben wurde Mikroplastik nachgewiesen“,
fasst Schaar die Ergebnisse zusammen.
Die beiden „großen“ beprobten Flüsse – Drau und Gurk – lieferten konträre Daten: Obwohl im Flussverlauf der Drau potentielle Emissionsquellen von Mikroplastik zunehmen, nimmt die Mikroplastik-Belastung im Wasser und im Sediment im Flussverlauf ab. Dies könnte auf die zahlreichen Staustufen zurückzuführen sein, wo sich die Teilchen absetzen. In der Gurk wiederum nimmt die Belastung entlang der Flussstrecke zu, weil sie weitestgehend „frei“ – also ohne größere Staustufen – fließen kann. Ein relativ geringer Mikroplastik-Gehalt wurde im Wasser des Wörthersee-Abflusses Glanfurt gemessen, dafür ein höherer im Sediment.
„Dies dürfte auf das landwirtschaftliche Einzugsgebiet zurückzuführen sein, wobei Klärschlamm-Kompost aufgebracht wird“,
begründet Friedl.
Wo wurde am meisten Mikroplastik nachgewiesen?
Am meisten Mikroplastik im Wasser wurde im Rababach nachgewiesen – denkbar sind Einträge durch die Autobahn, einzelne Betriebe und die Landwirtschaft. Den höchsten Messwert im Sediment wies der Peratschitzenbach-Zubringer auf – hier dürfte ein betrieblicher Eintrag der Grund sein.
„Ungewöhnlich sind die Ergebnisse nicht“,
so Friedl.
Man gehe davon aus, dass Flüsse in anderen Bundesländern ähnlich belastet sind.
Genormte Verfahren gefordert
Landesrätin Schaar dazu:
„Vergleiche der Kärntner Mikroplastik-Studie mit anderen Untersuchungen sind schlichtweg nicht möglich. Denn es gibt immer noch kein genormtes Verfahren für die Probenahme, die Aufbereitung der Proben oder für die Analytik! Es ist höchste Zeit, dass vergleichbare Messmethoden, nationale und europäische Regulierungen auf Bundesebene initiiert werden!“
Darauf sei bereits in mehreren Konferenzen der Umweltreferentinnen und -referenten der Bundesländer hingewiesen worden.
„Was wir außerdem fordern, sind Maßnahmen des Bundes, um einen rascheren Ausstieg aus primärem Mikroplastik in Produkten, z. B. in Zahnpasta oder Duschgel, auf EU-Ebene zu erwirken. Welche konkreten Auswirkungen Mikroplastik auf die Gesundheit von Lebewesen hat, ist noch nicht wirklich bekannt. Allerdings wissen wir, dass Zusatzstoffe, die in Kunststoffen enthalten sind, jedenfalls für Mensch und Tier schädlich sein können.“
Vermeidungsstrategien notwendig
Mit der Kärntner Mikroplastik-Studie könne man im Rahmen des „Aktionsplanes Mikroplastik 2022 bis 2025“ des Bundes zur Stärkung der Datenlage und auf regionaler Ebene zu Bewusstseinsbildung beitragen. Wirksame Vermeidungsstrategien wie z. B. eine Verbesserung der Autoreifen-Zusammensetzung oder ein noch stärkerer Einsatz von recycelbaren Kunststoffen müssten allerdings auf EU-Ebene bzw. sogar darüber hinaus erarbeitet werden.
„Jede und jeder Einzelne von uns kann jedoch auch persönlich dazu beitragen, den Mikroplastik-Ausstoß zu verringern – u. a. durch bewussten Einkauf, bewusste Kleiderwahl und natürlich auch, indem man Abfälle nicht achtlos wegwirft, sondern auf korrekte Mülltrennung achtet“,
appelliert Schaar abschließend.
Quelle: LPD Kärnten