Neuaufstellung des Sozialsystems: Kärnten steht als Pilotregion bereit

Die Wirksamkeit und Treffsicherheit des bestehenden Sozialsystems zur Bekämpfung von Armut in Österreich ist angesichts der zahlreichen Krisen – zuletzt die Energie- und Teuerungskrise – nicht mehr gegeben. Das Land Kärnten arbeitet derzeit in enger Abstimmung mit den Sozialorganisationen und allen im Kärntner Landtag vertretenen Parteien an neuen Konzepten.

„Wir sind jederzeit bereit, den Bund mit unserer Expertise zu unterstützen. Kärnten könnte eine österreichische Pilotregion zur tatsächlichen und nachhaltigen Abschaffung von Kinderarmut werden“,

so Landeshauptmann Peter Kaiser.
In einem ersten Schritt plädieren Kaiser und Sozialreferentin LHStv.in Schaunig für die Wiedereinführung der Mindestsicherung. Denn auch dieser Meilenstein der Sozialgesetzgebung war Mitte der 2000er Jahre von Kärnten ausgegangen.

„Gemeinsam mit den Sozialorganisationen hat Kärnten damals ein neues System der Unterstützung aufgebaut, das sicherstellen sollte, dass alle Menschen genug zum Leben haben. Es gab keine Obergrenzen oder Deckel, sondern Untergrenzen, also Mindeststandards, die die einzelnen Bundesländer dann anpassen konnten“,

berichtet Schaunig, die an der Ausgestaltung der Mindestsicherung in Kärnten federführend beteiligt gewesen war. Von Kärnten ausgehend wurde die Mindestsicherung 2010 österreichweit eingeführt.

„Leider hat der Bund die Mindestsicherung 2019 in einem massiven Rückschritt wieder zur Sozialhilfe umgewandelt. Statt Mindeststandards wurden wieder Obergrenzen eingeführt, was die Bundesländer in ihrem Bemühen, ihre Bürgerinnen und Bürgern wirksam vor Armut zu schützen, enorm behindert. Dieses überholte System passt überhaupt nicht zu den Anforderungen der heutigen Zeit und gehört dringend repariert. Das Rezept dafür muss aber nicht neu erfunden werden, es liegt parat und heißt Mindestsicherung“,

so Kaiser.
Als nächsten Schritt schlagen Kaiser und Schaunig die Einführung einer Kindergrundsicherung vor:

„Wir arbeiten derzeit sehr intensiv an einem Modell für Kärnten und können bereits erste Grundzüge nennen. Die Kosten würden sich für Kärnten auf rund 50 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Würde sich der Bund zur Hälfte beteiligen, halten wir dies für absolut finanzierbar – und das Ergebnis wäre, dass wir für jedes Kind in Kärnten ein Aufwachsen in finanzieller Sicherheit gewährleisten können“,

erklärt Schaunig.
Eine Vielzahl an Studien belegen, wie sehr Bildungs- und Chancengleichheit von den finanziellen Verhältnissen der Familien abhängen.

„Verbessern wir diese Verhältnisse, öffnen wir den betroffenen Kindern Türen und Tore zu einer wahren Teilhabe in der Gesellschaft. Das ist unabdingbar für ein gutes Aufwachsen und ein erfolgreiches Erwachsenwerden“,

betont Kaiser. Kärnten könnte erste österreichische Pilotregion für die Kindergrundsicherung werden, so der Vorschlag von Kaiser und Schaunig.
Die Teuerung könne aber nicht nur mit finanziellen Unterstützungen abgefedert werden, sondern müsse auch aktiv bekämpft werden.

„Ich erneuere meine Aufforderung an die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für die Abschaffung des Merit Order Systems für die Ermittlung von Strompreisen einzusetzen und in der Zwischenzeit mit einer effektiven Übergewinnabschöpfung die Einführung eines österreichweiten Grundtarifs für Strom und einheitliche Netzgebühren zu finanzieren“,

so der Landeshauptmann.
Schaunig plädiert zudem dafür, über die OeBFA günstige Kredite mit Fixverzinsung für den gemeinnützigen Wohnbau zur Verfügung zu stellen.

„Das wäre ein ganz wichtiges Instrument, um den Bau und die Sanierung von leistbaren Wohnungen zu forcieren. Insbesondere angesichts der nachlassenden Baukonjunktur wäre dies auch ein wichtiger Schub für den Bausektor.“

Abschließend appelliert Arbeitsmarktreferentin Schaunig an den Bund, im Bereich des Arbeitsmarkts keine Mittel zu kürzen,

„Arbeit ist die beste Vorsorge gegen Armut.“

Erwerbslosigkeit oder Teilzeitbeschäftigung seien in den meisten Fällen keine Wahl, die Betroffene treffen, sondern entstünden zumeist aus Betreuungspflichten, gesundheitlichen Einschränkungen oder fehlender bzw. nicht passender Ausbildung.

„Hier ist die Politik gefragt, betroffenen Personengruppen über gestützte Beschäftigungsmodelle die Chance auf einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen.“

Quelle: LPD Kärnten