Die Entwicklung der letzten Tage und Wochen in der Ukraine sind mehr als besorgniserregend, sagte unsere Vorsitzende zu Beginn des „Roten Foyers“. Die zentrale Frage, wie man diesen Krieg beendet, sei zu wenig diskutiert worden und in den letzten Wochen zu kurz gekommen. Denn Waffenlieferungen und Sanktionen sind berechtigt, werden diesen Krieg aber letztlich nicht beenden, betonte Rendi-Wagner und appellierte an alle Staats- und Regierungschef*innen der EU: „Schreiben Sie den Frieden nicht ab – setzen Sie sich mit all ihren Möglichkeiten für ihn ein, damit das Leid auf unserem Kontinent so rasch wie möglich beendet wird!“ Europa muss jetzt handeln, „damit der Friede in Europa wieder möglich ist. Das muss das Ziel sein!“, sprach sich unsere Vorsitzende für intensivere diplomatische Bemühungen aus. Es geht auch um die Sicherheitsinteressen des gesamten Kontinents und „um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen, die dieser Krieg für uns alle nach sich zieht“.
Anlässlich des Europatags am 9. Mai haben SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder und die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Evelyn Regner im „Roten Foyer“ zum Ukraine-Krieg und seinen Folgen Stellung genommen. Die SPÖ-Vorsitzende appellierte an die EU-Staats und Regierungschefs, den Frieden nicht abzuschreiben.
Die Europäische Union steht vor der vielleicht größten Herausforderung seit ihrer Gründung, betonte Rendi-Wagner. „Wir haben den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine von Anfang an aufs Schärfste verurteilt. Klar ist: Dieses Land braucht Unterstützung seitens der EU und auch von Österreich“, betonte Rendi-Wagner die Richtigkeit der Sanktionen, die Österreich mittrage, und Österreichs Beitrag bei humanitärer und finanzieller Hilfe und den diplomatischen Bemühungen.
Klar sei, „die Ukraine ist verhandlungsbereit und daher sollte die EU nichts unversucht lassen, auch den russischen Präsidenten an den Verhandlungstisch zu bekommen. Wenn Europa es nicht in die Hand nimmt, wird es niemand tun“, bekräftigte Rendi-Wagner. Eine Schlüsselrolle soll dabei Deutschland und Frankreich zukommen.
„Österreich ist völkerrechtlich neutral, aber nicht politisch neutral“, sagte Andreas Schieder, der den Wert der österreichischen Neutralität als Standort der Vereinten Nationen unterstrich. Die EU hat als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg bereits sechs Sanktionspakete beschlossen. Auch die Diskussion über ein Öl-Embargo hält Schieder für „richtig“, der EU-Abgeordnete warnte jedoch vor einer „Spekulationsspirale nach oben“: „Heizen, Wohnen, Tanken: Wenn sich die Bevölkerung den Alltag nicht mehr leisten kann, verlieren wir die Zustimmung der Bevölkerung für die Sanktionen.“ Darum müssen jetzt die richtigen Maßnahmen für die Energiewende gesetzt werden.
Die EU habe auf den russischen Angriffskrieg „schnell und entschlossen reagiert“, dieser Krisenmodus müsse jetzt auch bei Teuerung und Energiewende angewendet werden. „Es braucht Hilfe für jene Leute, die sich den Alltag nicht mehr leisten können“, so Schieder, der hervorhob, dass es dafür eine breite Palette an Möglichkeiten gibt. „Die EU sollte ein Monitoring nationaler Maßnahmen vorantreiben und den Fokus auf sozial gerechte Lösungen legen. Es kann nicht sein, dass Energiekonzerne Milliardengewinne einfahren, während das Armutsrisiko der Bevölkerung in die Höhe geht.“ In der EU gehe man von Übergewinnen bei Energiekonzernen von 200 Mrd. Euro aus. „Diese Übergewinne müssen zweckgewidmet abgeschöpft und sozial gerecht umverteilt werden“, forderte Schieder.
Evelyn Regner betonte, dass für die „multiplen Krisen“ vom Ukraine-Krieg über die Klima- und Energiekrise bis zur großen Vermögensungleichheit gemeinsame Antworten nötig sind. „Europa kann uns beschützen, wenn wir nach innen stark und geeint sind“, so die Vizepräsidentin des EU-Parlaments. „Dafür muss die soziale Säule der EU massiv gestärkt werden“, so Regner, denn: „Energiepolitik ist Klimapolitik ist Sicherheitspolitik ist Sozialpolitik.“ Um die Energiewende zu finanzieren, sprach sich Regner für eine globale Mindeststeuer für große Unternehmen aus, 240 Mrd. Euro sind hier möglich. „Wir brauchen auch eine Vermögenssteuer auf europäischer Ebene“, sagte Regner, die die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit auch bei der Energiewende unterstreicht.
„Europa hat gezeigt, dass wir die richtigen Instrumente auf den Weg bringen können, wenn wir schnell und einig sind“, sagte Regner mit Verweis auf den Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Mrd. Euro. Dieser Fonds habe dazu beigetragen, dass die Wirtschaft nach den Lockdowns wieder an Fahrt aufgenommen hat. „Wir brauchen ein Instrument, das präventiv für Krisen bereitsteht“, so Regner, die für „mehr Flexibilität“ zur Krisenbekämpfung eintritt. „Es ist wichtig, dass wir die Kaufkraft der Bevölkerung erhalten, eine Antwort auf die Teuerung geben und fit und robust sind für den Umstieg auf erneuerbare Energie.“ So können Demokratie, die europäischen Werte und der Wohlstand gestärkt werden.