„Pride“ bedeutet stolz zu sein – auf seine sexuelle Orientierung, auf seine Identität und auf seinen Lebensentwurf. Einen Monat lang sind auf Häuserfassaden Regenbogen-Fahnen, bunte Zebrastreifen und Paraden in den Landeshauptstädten zu sehen. Im Juni wird in den sozialen Netzwerken und im Rahmen von Veranstaltungen auf die immer noch bestehenden Ungerechtigkeiten der „LGBTQ+“-Community aufmerksam gemacht. Während sich „LGBTQ+“ aus den englischen Begriffen für „lesbisch“, „schwul“, „bisexuell“, „trans“ und „queer“ zusammensetzt, bezieht sich das Plus auf alle anderen Geschlechtsidentitäten. Die „LGBTQ+“- Community schließt somit alle nicht-heterosexuellen Menschen ein. Mit der „SoHo Kärnten“ (sozialdemokratische „LGBTQ“) und Anna-Maria Schuster als ihre Vorsitzende hat die Community in Kärnten Unterstützung.
„Solange es Diskriminierungen gibt und Wörter wie ‚schwul‘ als Schimpfwörter benutzt werden, braucht es den Pride-Monat“,
ist sie überzeugt.
Soziale Ader
Mit der Gründung der „SoHo Kärnten“ übernahm Schuster im Jahr 2019 den Landesvorsitz.
„Ich bin in Klagenfurt aufgewachsen und habe die Kooperative Mittelschule St. Ursula besucht, danach die dreijährige Fachhochschule für soziale Berufe“,
erzählt die 30-Jährige, die in einem Therapiezentrum in Spittal an der Drau arbeitet. Ein Interesse für Politik verspürte sie schon immer.
„Seit 2018 bin ich parteipolitisch aktiv. Ich wurde aber nicht angeworben, sondern es war eine bewusste Entscheidung, nachdem ich mir verschiedene Gruppierungen angesehen habe“,
sagt Schuster rückblickend. Auf menschlicher Ebene und in Bezug auf die Werte kann sie sich mit der SPÖ gut identifizieren.
Ehrenamtliches Engagement
Viele Personen glauben, dass die 30-Jährige für ihr Engagement, das in ihrem Leben einen großen Stellenwert hat, Geld bekommt.
„Ich mache das alles ehrenamtlich, ich bekomme dafür kein Geld“,
erklärt Schuster, die in der Vergangenheit für ihr Engagement schon des Öfteren belächelt wurde. Als Vorsitzende der „SoHo Kärnten“ kommt sie nicht nur in Österreich, sondern auch in ganz Europa mit vielen Menschen der Community in Kontakt.
„2021 war ich bei der Pride-Parade in Budapest dabei, wo es eine Gegendemonstration gab. Erst vor kurzem war ich als Vertretung von Österreich in Maastricht bei der ‚Rainbow Rose General Assembly‘. Dabei ist spannend zu sehen, was andere Länder für die Community machen“,
berichtet Schuster, die auch seit mehr als zwei Jahren stellvertretende Obfrau des Vereins „Queer Klagenfurt“ ist.
Kein Platz für Scham und Angst
Für Schuster ist der Juni ein Festmonat, in dem es um Sichtbarkeit und die Tatsache geht, dass wir alle gleich sind.
„Dabei spielt es keine Rolle, wer wen liebt. Darauf will ich mit meinem Engagement aufmerksam machen“,
erklärt Schuster, für die es darauf ankommt, vielmehr Energie für die Nicht-Geouteten aufzubringen, anstatt sich mit Kritikern auseinanderzusetzen.
„Man muss sich nicht schämen, wen man liebt. Wir sind eine große Familie und wir müssen füreinander da sein. Ich möchte etwas für die Community erreichen“,
begründet sie ihr Engagement, das auch in den nächsten Jahren im Fokus stehen wird. Dennoch schafft sich Schuster regelmäßig politikfreie Zeiten und verbringt viel Zeit mit Freunden oder betätigt sich gemeinsam mit ihrer Freundin sportlich in einem Taekwondo-Verein.
Situation der Kärntner Community
Im Gespräch mit „KLiCK Kärnten“ schildert Schuster auch die Situation der Kärntner Community.
„Den Pride-Monat erlebe ich in Kärnten durchaus positiv. Wir haben erstmals wieder eine Regenbogen-Fahne vor dem Klagenfurter Rathaus, Regenbogen-Bänke sind heuer nicht beschmiert worden wie letztes Jahr, die Landesregierung wird mit bunten Farben beleuchtet und auch hier gibt es eine Regenbogen-Fahne“,
resümiert sie die Situation. Trotzdem verschärfte sich das Verhalten gegenüber der Community seit Corona aus ihrer Sicht.
Als Landesvorsitzende bekommt sie viele Anliegen übermittelt und versucht die Forderungen der Community auf Bundesebene für die Arbeit auf Landes- und Gemeindeebene anzupassen.
„Ich versuche Menschen in Kärnten für Veranstaltungen zu mobilisieren, Initiativen zu organisieren, um der Community und den Nicht-Geouteten das Gefühl zu geben, dass sie wirklich wahrgenommen werden“,
erzählt Schuster.
Hochzeit im Sommer
Nach ihrem persönliches Outing im Jahr 2014 wandten sich viele ihrer Freunde schleichend von ihr ab, obwohl ihr das Outing ohnehin nicht leichtfiel.
„Das war eigentlich das Schlimmste, man hat sich nicht mehr gehört“,
verrät sie. Wie nahm es ihre Familie auf?
„Meine Familie hat auch eine Zeitlang gebraucht, aber sie steht vollkommen hinter mir. Sie unterstützt mich sehr“,
versichert Schuster, die sich schon auf den großen, gemeinsamen Tag mit ihrer Freundin freut, mit der sie zusammen in Klagenfurt wohnt.
„Im Sommer werden meine Freundin und ich heiraten“,
sagt Schuster glücklich.