9 Jahre ist es jetzt her, dass ich am 28. März 2013 als Landeshauptmann von Kärnten angelobt wurde. 9 Jahre, in denen ich mit Herz und Verstand alles für unser Land gegeben habe. Ja, manches hätte vielleicht schneller gehen können und ich stehe auch nicht an zuzugeben, dass da und dort Fehler passiert sind. Ich habe mich an anderer Stelle schon dafür entschuldigt und tue das auch hier. Wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein. Aber jedenfalls habe ich immer versucht, das Beste für Kärnten und seine Menschen zu erreichen.
Und, ich bin noch lange nicht fertig! Es gibt noch so viel für unser Land zu tun.
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Das ist mein Ziel, meine Motivation, meine Leidenschaft!
Dieses Bekenntnis ist mein Antrieb. Ich habe in der Vergangenheit schon dazu gebloggt. In einer Zeit, die für viele von uns viel weiter zurückzuliegen scheint. In einer Zeit, als sich noch nicht Corona, Inflation und Ukraine bei den Schreckensmeldungen abgelöst haben. In einer Zeit, in der für viele von uns das Leben noch leichter war.
Und trotzdem – oder gerade deshalb – sage ich heute mehr denn je:
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Das ist mein Ziel, meine Motivation, meine Leidenschaft!
Denn der Zuspruch der Menschen hat in der Pandemie nicht nachgelassen. Im Gegenteil: Er ist stärker geworden. Ich höre nun noch öfter: „Weiter so!“ Es kehren heute noch mehr Kärntner und Kärntnerinnen zurück. Und es zieht mehr Menschen denn je nach Kärnten. Zum Urlaub, im Sommer und Winter. Aber auch zur Arbeit – vom Tourismus über die Industrie bis zur Hochtechnologie. Diese Menschen versichern mir: „Ja, Sie haben recht. Das ist ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!“
Die Bestätigung tut gut. Denn ob ein Weg richtig ist, zeigt sich weniger bei Schönwetter als in Sturm und Gewitter. Oder wie Martin Luther King es gesagt hat: „Das ultimative Maß eines Menschen ist nicht das, wo er in Momenten der Bequemlichkeit und des Wohlstandes steht, sondern wo er in Zeiten der Krisen, Herausforderungen und Kontroversen steht.“ Mein Team und ich haben einen Weg gewählt, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Einen Weg, der das Gemeinsame betont. Einen Weg, der aber auch dem zitierten Maß unterliegt. Bei Herausforderungen und Kontroversen. Die Krise hat unseren Kurs auf diese harte Probe gestellt. Doch er hat sie mit Auszeichnung bestanden.
Der Mensch im Mittelpunkt
Ich will sie hier nicht mit zu vielen Zahlen, Daten und Fakten, mit Statistiken, Resultaten und Bilanzen langweilen. Aber eine Trendwende freut mich ganz besonders: Kärnten hat von Jahr zu Jahr mehr Einwohner. Nicht viel mehr, aber immerhin. Und das, obwohl uns seit Jahren der Rückgang der Bevölkerung vorhergesagt wird. Das hat auch etwas damit zu tun, welchen Weg mein Team und ich für unser Land gewählt haben. Der Mensch im Mittelpunkt, das bedeutet zum Beispiel die beste Gesundheitsversorgung. Zum Glück haben wir das selten so gespürt wie in der Pandemie. Der Mensch im Mittelpunkt, das heißt Chancengerechtigkeit und Fairness. Wir in Kärnten lassen niemanden allein zurück. Daher arbeiten wir aktuell auch an einem Unterstützungspaket für all jene Menschen, die von der aktuellen Teuerungslawine ganz besonders hart betroffen sind – wir arbeiten also quasi an einem „Solidaritäts-Airbag“. Der Mensch im Mittelpunkt, das ist mehr als ein Slogan für Schönwetterpolitik. Dazu braucht es Werte wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Ja, diese Stichworte kommen Ihnen nicht von ungefähr bekannt vor. Ich habe sie hier schon öfters verwendet. Manche mögen das als schwülstig und abgehoben empfinden. Aber mussten wir uns beispielsweise gerade bei den Olympischen Spielen in Peking nicht an Chancengerechtigkeit und Fairness erinnern? Hat uns der Einmarsch in der Ukraine nicht an Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität gemahnt?
Für die großen Dinge im Leben braucht es auch die großen Worte. Deshalb sage ich heute wie damals:
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Das ist mehr als ein Gefühl. Das ist mehr als Sentimentalität. Das ist mehr als eine Parole. Das lässt sich auch messen. 2021 hat die EU-Kommission 62.000 Menschen befragen lassen, wie sie die Lebensqualität in ihrer Region einschätzen. 99 Prozent der Kärntnerinnen und Kärntner werten sie als „sehr gut“ oder „gut“. Das ist der Bestwert in Österreich und verschafft unserem Bundesland eine europaweite Spitzenposition. Und ganz besonders freut es mich, dass nun schon 63 Prozent Kärnten einen Einser geben. Das ist nämlich noch eine zweiprozentige Steigerung gegenüber 2018, als jeder schon dachte: Besser geht es nicht. Doch, etwas geht immer. Stillstand darf für uns keine Option sein.
Das zeigt sich nicht nur in der Lebensqualität, das gilt für alle Perspektiven. Noch 2008 wurde Kärnten im Bericht über die Zukunftschancen der fast 300 europäischen Regionen nur Rang 146 zugetraut. Zehn Jahre später sah uns die gleiche Studie schon auf Platz 127. Mein Ziel ist es, beim nächsten Mal unter den Top 100 zu sein. Und das wird gelingen. Mit unserem neuen Selbstvertrauen. Ein Selbstvertrauen, das wir haben dürfen, weil uns schon viel gelungen ist. Mit einer vorausschauenden Politik, für die Enkeltauglichkeit ein Grundprinzip ist. Das heißt: Wir müssen auch erahnen, wohin der Weg nach der nächsten Kurve führt. Das haben wir getan und das tun wir weiterhin.
Wahl der richtigen Partner
Eine wichtige Grundlage für diese vorausschauende Politik ist die Wahl der richtigen Partner. Auch in dieser Hinsicht haben wir enorme Fortschritte erzielt. Denn heute bilden Kärnten und die Steiermark als Südachse einen Wirtschaftsraum, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gemessen am Anteil des nationalen BIP wären wir zusammen nach Wien schon die wirtschaftliche Nummer zwei. Dieser „Stern des Südens“ ist erst aufgegangen und wird ständig heller strahlen. Denn mit Kooperationen wie Joanneum Research, Silicon Austria Labs, Digital Innovation Hub Süd, dem Green Tech und dem Silicon Alps Cluster haben wir erst begonnen, unsere gemeinsamen Potentiale zu heben.
Wenn 2026 die Koralmbahn fertig ist, verkürzt sich nicht nur die Fahrzeit von Graz nach Klagenfurt auf 42 Minuten. Das schafft ganz neue Voraussetzungen für die Zusammenarbeit an der Südachse. Weil aber zudem die Fahrzeit nach Wien um 80 Minuten auf zweieinhalb Stunden sinkt, ist dann auch die boomende Ostregion viel besser mit Kärnten verbunden. Jeder kann sich vorstellen, was das in Kombination mit unserer herausragenden Lebensqualität bedeutet. Kärnten gerät dadurch zum Magneten für viele Menschen und zum Anziehungspunkt für zahlreiche Unternehmen. Aus unserem früheren Grenzland im verkehrstechnischen Abseits wird ein Herzstück des Europas der Regionen.
Um zugleich auch ein europäisches Zentrum der neuen, digitalisierten Wirtschaft zu werden, müssen wir vor allem unsere Vorreiterrolle in den Gebieten von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), Mikroelektronik, Bioökonomie und der grünen Technologien weiter forcieren. Darüber hinaus ist Kärnten ein idealer Standort für die „Relokalisation“ von Produktionszweigen. Erst infolge der Corona-Pandemie, dann aufgrund des unfassbaren Krieges von Russland gegen die Ukraine wird dieses Thema als Gegentrend zur Globalisierung immer wichtiger. Europa und Österreich müssen ihre Abhängigkeiten von außen verringern. Kärnten ist eine Region, wo dies mit bestausgebildeten Menschen in einer letztlich unvergleichlichen Lebensqualität geschehen kann. Es gibt kaum bessere Argumente für die notwendigen strategischen Entscheidungen der Politik und Wirtschaft, um die angespannten Lieferketten zu stabilisieren. Dazu werden wir für unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit insbesondere bei Bildung und Ausbildung konsequent weiter an attraktiven Angeboten arbeiten.
Kärnten – ein Hochtechnologieland
Wie konsequent wir diesen Weg gegangen sind, seit ich Landeshauptmann bin, das zeigt auch der Bundesländervergleich. Von 2017 auf 2019 erzielte Kärnten den größten Zuwachs an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie unternehmerischen Ausgaben für „Forschung und Entwicklung“. Die Zahl der Beschäftigten in diesem ist bei uns um 18 Prozent angewachsen – im Österreich-Schnitt waren es nur 11 Prozent. Die Ausgaben stiegen im gleichen Zeitraum sogar um 22 Prozent – mehr als doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt. Durch diese dynamische Entwicklung, seit ich die Landesregierung führe, ist Kärnten bereits ein Hochtechnologieland und unter den Top-Forschungsregionen in Europa.
Dadurch lockt unser Land die Besten an. Aus aller Welt. Oft mit ihren Familien. Deshalb werden wir Kärnten unter anderem mit dem „Kinder-Stipendium“ weiterhin Schritt für Schritt zur kinder-, jugend- und familienfreundlichsten Region in Europa machen. Natürlich sind auch Kärntens öffentliche Finanzen durch die Pandemie angespannt. Das darf uns aber nicht von diesem Weg für unsere Zukunft abbringen. Beste Kinderbetreuung, Bildungs-, Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten sind Schlüssel, die alle Türen öffnen, um beruflich in Kärnten durchzustarten. Für die jetzigen und die kommenden Generationen.
Das geht nicht von heute auf morgen. Das ist langwierig wie das Bohren harter Bretter. Damit hat der Soziologe Max Weber ja schon vor mehr als einem Jahrhundert gute Politik verglichen. Und er sagte auch, dass es dafür zugleich Leidenschaft und Augenmaß braucht. Daran will ich mich als Soziologe und Politiker weiter halten. Mit verwalten statt gestalten, ein Vorwurf der immer wieder kommt, hat das nichts zu tun. Wir haben in den vergangenen Jahren gerade in Österreich gesehen, wohin eine Schnellschuss-Politik führt, in der Kommunikation alles und Inhalt nichts ist: Sie führt zu nichts. Dafür bin ich nicht zu haben. Wir in Kärnten werden weiter die harten Bretter bohren, um Schritt für Schritt voranzukommen. Mit Leidenschaft und Augenmaß.
Bei diesem Bohren, auf diesem Weg haben wir schon zahlreiche Etappen erfolgreich absolviert: Das reicht von den erwähnten zukunftsweisenden Kooperationen und Beteiligungen wie jenen am Joanneum Research oder an Silicon Austria bis zur beispielhaften Gesundheitsversorgung und zum leistbaren Wohnen. Hier liegt Kärnten jeweils im österreichischen und im europäischen Spitzenfeld. Auch die nächste Station habe ich bereits genannt. Sie ist schon in Sichtweite: Die Fertigstellung der Koralmbahn wird uns nicht nur Graz und Wien näher bringen. Sie wird uns einen ganzheitlichen Zukunftsschub an Mobilität bescheren. Das reicht vom Ausbau der Radwege bis zum öffentlichen Nahverkehr. So wie die Pandemie-Krise mit Home Office und Distance Learning gezeigt hat, wie richtig Kärntens Investitionen in eine andere Mobilität sind: Der Breitbandausbau ist eine wichtige Grundlage für Unternehmensansiedlungen und Standortqualität.
Das klingt nach kalter Technik, entsteht auch aus modernster Technologie, dient aber vor allem – uns. Der Mensch im Mittelpunkt. Das gilt auch für alle wirtschaftlichen Angelegenheiten, aus jedem Blickwinkel. Gleichgültig, ob Unter- oder Arbeitnehmer, ob Studierender oder Lehrling, ob alleinerziehende Mutter oder im wohl verdienten Ruhestand: Der Mensch steht für mich und mein Team immer im Zentrum aller Überlegungen und jedes Konzepts.
Deshalb dürfen wir trotz aller aktuellen Krisen nicht unser Hauptaugenmerk verlieren, damit dieses Land enkeltauglich bleibt, damit auch die nächsten Generationen sagen können:
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Eine zentrale Aufgabe, um das erreichen, ist der Schutz unserer Umwelt, ist der Kampf gegen den Klimawandel, ist die Pflege der Natur. Das beginnt mit der Bewahrung und dem Ausbau freier Seezugänge und dem Schutz unseres Wassers vor dem Zugriff von Spekulanten. Denn Wasser wird so wertvoll, wie es Erdöl in einer ausgehenden Epoche war. Das geht weiter mit der Verbannung schädlicher Stoffe wie dem Pflanzengift Glyphosat. Kärnten war ein europaweiter Vorreiter dieses Verbots. Das endet aber nicht beim Kampf gegen Bodenversiegelung, um freie Almzugänge und für saubere Energie. Denn das sind bloß drei Beispiele von vielen, die immer wieder neu hinzukommen, um die Balance zwischen Konsumgesellschaft und Lebensqualität zu wahren. Denn es geht um:
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Und es wird Zeit, dass wir das der ganzen Welt zeigen. Dazu bietet sich bald eine unverhoffte Gelegenheit. Wir haben gerade in Peking erlebt, wie Olympia in die Krise gerät. Durch Gigantomanie, durch Größenwahn, der nicht mehr den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das ist das Gegenteil dessen, wofür ich stehe, wofür Kärnten steht. Doch so wie Kärntnerinnen und Kärntner, wie Anna Gasser und Matthias Mayer dort trotzdem gewonnen haben, so kann Kärnten trotzdem gewinnen – wenn es die Olympischen Winterspiele wieder zurück zu ihren Wurzeln bringt.
Deshalb sollten wir nachdenken und überlegen, uns für Olympia 2034 zu bewerben. Dabei sollten wir unseren Kärntner Weg der Welt präsentieren. Gemeinsam mit Partnern – so wie wir es in Politik und Wirtschaft gewohnt sind. Mit unseren Nachbarregionen in Italien und Slowenien. Wenn sie wollen. Mit der Steiermark. Wenn sie will. Aber vor allem wir müssen das wollen. Und das Olympische Komitee muss wollen, wie wir das wollen: echte Spiele, natürliche Spiele, sportliche Spiele. Olympische Spiele, die sind wie unsere Olympiasiegerinnen und Olympiasieger. Olympische Spiele, die sind wie
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Wenn ich nicht in Wien, Brüssel oder sonst wo außerhalb die Interessen unseres Landes vertrete, bin ich dauernd landauf landab in Kärnten unterwegs. Dadurch habe ich den Vergleich. Einen Vergleich in Österreich und einen Vergleich in Europa. Was ich unterwegs erlebe, macht mich sicher: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Dieser Weg ist aber auch eine ständige Herausforderung. Und es wird nicht jeder Schritt gleich sichtbar. Vor allem nicht der Fortschritt. Doch glauben Sie mir: Es ist ein riesiger Fortschritt, dass ich heute wie vor zweieinhalb Jahren sagen kann:
Kärnten, ein Land zum Leben und zum Ver-Lieben!
Und es wird ein noch größerer Fortschritt, wenn Sie und ich das auch in Zukunft sagen können.
Genau daran arbeite ich. Genau deshalb bin ich so gern Landeshauptmann von Kärnten.
Ihr Landeshauptmann,
Ihr Peter Kaiser