Was meinen wir, wenn wir „Gesundheit“ sagen? Wohl am ehesten: nicht krank zu sein. – Was aber meinen wir, wenn wir von „Gesundheitspolitik“ sprechen? In meinem Verständnis heißt die Antwort jedenfalls: Für jeden Menschen in unserem Land die bestmögliche Versorgung, wann und wo immer sie gebraucht wird, sicherzustellen. Gesundheitspolitik verlangt verantwortungsvolles Handeln. Und damit schließt es eines aus: Sie als populistische Spielwiese, sie als Politikum, zu ge- und missbrauchen.
„In vielen Bereichen steht Kärnten im Österreich-Vergleich an der absoluten Spitze“. Das sage nicht ich. Nein, das ist ein Zitat der früheren Kärntner Ärztekammer-Präsidentin Petra Preiss. Von einer Expertin, von der wir wissen, dass sie sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Tatsächlich können sich Kärntens Gesundheits- und Pflegewesen mehr als nur sehen lassen. Kärnten gilt mit vielen Maßnahmen und Projekten als Vorreiter in Österreich. Ich sage das wohlwissend der Tatsache, dass es noch viel zu tun gibt. Laufend. Immerfort. Einerseits stellt uns der rasante und erfreuliche Fortschritt in der Medizin vor Herausforderungen. Andererseits erfordert der demografische Wandel – mit immer älter werdenden Menschen auf der einen Seite und immer weniger beruflichem Nachwuchs auf der anderen Seite – neue Ideen, neue Modelle, neue Antworten. Der Anspruch der Sozialdemokratie in Kärnten ist es: diese Ideen, diese Modelle, diese Antworten zu entwickeln und umzusetzen. Kärnten ist Gesundheitsland – und Kärnten wird diese Position weiter ausbauen…
Gesundheitspolitik ist ein breitgefächerter Themenkomplex. Im Wesentlichen geht es um vier Ebenen:
- den niedergelassenen Bereich rund um die Hausärzte;
- das Spitalswesen;
- die Prävention und Vorsorge;
- die psychische und psychiatrische Versorgung.
Als weitere Ebene kommt die Pflege dazu. Ein Bereich, der (Stichwort Demografie mit einem Plus von 35 Prozent von über 75-jährigen Kärntnerinnen und Kärntnern und mit einem Plus von 22 Prozent der PflegegeldbezieherInnen bis zum Jahr 2030!) seit Jahren an Bedeutung, Gewichtung und Präsenz gewinnt und der in sich wiederum schier zahllose Ebenen umfasst: betreubares und betreutes Wohnen, Mobile Dienste, Tagesstätten, Alternative Lebensformen, 24-Stunden-Betreuung, pflegende Angehörige und deren Entlastung, Pflegeheime, Pflegeausbildung. Letzteres, die Ausbildung nämlich, führt uns direttissima zu dem Thema, welches das Um und Auf jeder Gesundheits- und Pflegeversorgung ist: dem ausreichend zur Verfügung stehenden Personal. Die beste und großzügigste Infrastruktur (Spitäler, Ambulanzen, Ordinationen, Heime, Reha-Kliniken, Mobile Dienste) ist nichts ohne entsprechende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihnen gilt unser aller, und insbesondere mein Dank für ihre aufopferungsvolle Tätigkeit, von der ich mich nicht nur bei der Behandlung und Betreuung meiner Mutter unmittelbar vor ihrem Tod persönlich überzeugen konnte, in einem mehr als nur fordernden beruflichen Umfeld.
Kärnten hat 2018 eine Ausbildungsoffensive gestartet. Mit September 2022 haben wir diese mit einem österreichweit einzigartigen Projekt weiter forciert: Erstmals werden Auszubildende der Pflegefachassistenz ab dem ersten Schultag in Anstellung gebracht. Mit einem Gehalt von 1000 Euro netto, 14 Mal im Jahr. Nur: Die Bemühungen der Bundesländer werden nicht ausreichen, um das große Ganze zu heben. An dieser Stelle ein Wink an die Bundespolitik: Sie muss die Zugangsbeschränkungen zum Medizinstudium ändern, wie das meine Kollegin Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner nicht müde wird zu fordern. Ansonsten produziert sie – die Bundesregierung – gezielt und sehenden Auges einen Engpass bei Ärztinnen und Ärzten. Um nicht zu sagen einen Ärztemangel. In gewissen Fachgebieten ist er schon da. Kärnten gilt diesbezüglich als „Mahnerin der ersten Stunde“: Es gibt keine Gesundheitsreferententagung, bei der nicht genau das von Kärnten eingefordert wird. Parallel dazu haben wir Resolutionen an die Bundesregierung verabschiedet. Was letztlich angekündigt wurde, nämlich eine Erhöhung der Studienplätze um 50 ist bestenfalls ein kosmetischer Eingriff in homöopathischer Dosis. Man verwehrt nicht mehr rund 14.000 jungen potenziellen Nachwuchsmedizinern das Medizinstudium, sondern um 50 weniger – also 13.950. Was für ein Fortschritt! Ironie off. – Österreich braucht eine Allianz der Weitblickenden! Kärnten ist bereit, hier voranzugehen. Wir werden nicht lockerlassen, die notwendigen Maßnahmen einzumahnen. Und wir werden nicht müde werden, das, was uns als Bundesland möglich ist, eigeninitiativ umzusetzen. Wie etwa die Pflegenahversorgung: Kärnten hat das Modell im Jahr 2019 gestartet. Im Jahr 2022 wurde es vom Bund unter dem Namen Community Nurse “abgekupfert“. In Kärnten sind mittlerweile knapp 100 unserer 132 Gemeinden mit an Bord: Sie bieten Menschen mit Pflegebedarf vor Ort Information und Hilfestellung an. Kostenlos – selbstverständlich.
„Vor Ort“ – ein weiteres Schlagwort, auf das es sich zu besinnen gilt. Kärnten hat von jeher auf „vor Ort“ gesetzt. Jeder in Kärnten lebende Mensch kann binnen 30 Minuten in einem Krankenhaus versorgt werden! Trotz vielfacher Kritik haben wir an „vor Ort“ festgehalten: Unser „Regionaler Strukturplan Gesundheit 2025“ hat für alle Kärntner Spitäler eine Standortgarantie bedeutet – dank weiterer Spezialisierungen, dank tagesklinischer Angebote sowie laufender Investitionen in modernste Medizin. Können Sie sich vorstellen, was passiert wäre, wenn Beate Prettner und ich uns nicht persönlich und erfolgreich gegen den wahnwitzigen Plan der ÖVP im Jahr 2018, im Kärntner Gesundheitssystem 140 Millionen Euro einzusparen, gewehrt hätten? Wie wären wir dann dem Coronavirus wohl gegenübergestanden? Nicht mit uns, nicht mit der SPÖ – wir werden eine derartige Amputation mit dem Fleischermesser durch politische Mitbewerber oder sonstige rein wirtschaftlich denkende „Expertinnen und Experten“ niemals zulassen. Im Gegenteil: Wir investieren weiter in unser Gesundheitssystem!
Fast 300 Millionen Euro sind zuletzt in Investitionsprogramme für unsere Krankenanstalten geflossen. Jüngstes „Kind“: die neue Psychiatrie am Klinikum-Areal in Klagenfurt. Sie ist Aushängeschild und Symbol für die Zukunft der Behandlung von psychisch erkrankten Menschen. Genau diesem Aspekt – dem des seelischen Wohlergehens – hat unser stärkeres Augenmerk zu gelten. Denn: Psychische Erkrankungen nehmen zu. Massiv. Laut WHO werden psychische Erkrankungen, allen voran Depressionen, bis 2030 die Nummer eins aller Krankheiten sein! Psychische Erkrankungen gehen oftmals Hand in Hand mit sozialer Gesundheit: Je durchlässiger, löchriger, brüchiger das soziale Netz ist, desto größer ist die Gefahr, psychisch zu erkranken. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig und wesentlich, der Frage nachzugehen, wie es uns gelingen kann, das soziale Netz, die soziale Sicherheit noch engmaschiger zu schnüren. Hier sind wir an dem Punkt, wo sich Gesundheit und Soziales treffen. Soziales war und ist für die Sozialdemokratie der Dreh- und Angelpunkt unseres politischen Handelns – unsere Kernkompetenz.
Kommen wir noch einmal zurück zum Ausgangspunkt: zur Gesundheit im Sinne von Abwesenheit von Krankheit, zur Gesunderhaltung also. Dieser Ausgangspunkt führt uns zum Aspekt der Prävention – und damit zu der Frage, was jede und jeder für sich selbst tun kann, um gesund und fit zu bleiben. Mit seinen 123 Gesunden Gemeinden (von insgesamt 132) bietet Kärnten seiner Bevölkerung dafür in fast jeder Gemeinde viele Anknüpfungspunkte – von Fitnessprogrammen über gesunde Ernährung bis zu Bewegungseinheiten in der Natur und in der Gemeinschaft. Wir alle wissen ja: Der lästige „innere Schweinehund“ lässt sich leichter gemeinsam als einsam bezwingen… Hat es einen dann aber doch gesundheitlich „erwischt“, sind es die Hausärztinnen und Hausärzte, die eine wohnortnahe medizinische Betreuung sicherstellen. Kärnten hat so viele Ärztinnen und Ärzte wie nie zuvor: 643 Hausärzte! Diese Zahl zu erhalten, ist unser Auftrag und unser Ziel. Zahlreiche Medizinerinnen und Mediziner gehören der so genannten Babyboomer-Generation an, sie sind in den 1960er Jahren geboren, stehen kurz vor dem „Ruhestand“. Nachwuchs ist gefragt. Doch der Nachwuchs fällt weder vom Himmel noch kommt er in ausreichender Zahl – wie bereits besprochen – von den Universitäten. Seitens der SPÖ wollen und werden wir daher weitere Anreize für Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner schaffen und die Vor-Ort-Versorgung mit Gesundheitszentren ergänzen. Sie sind ein zusätzliches Angebot, bringen den Patientinnen und Patienten mehr Service durch längere Öffnungszeiten, der Ärzteschaft selbst flexiblere Arbeitszeiten und sie entlasten die Spitalsambulanzen. Ein win-win-win-Modell. Sofern die entsprechenden Verträge angepasst und bürokratische Hürden beseitigt werden…
Ein intaktes, funktionierendes, hochqualitatives Gesundheitswesen abzusichern, das ist die Aufgabe einer verlässlichen Politik. Und genau das verfolgen wir zielstrebig und mit umfangreichen Maßnahmen. Wir sind von Zuständen, wie sie derzeit in vielen Ländern Europas grassieren, weit entfernt: Aus Deutschland vernimmt man „Horrorzustände“ in Pflegeheimen, aus Großbritannien mehren sich Berichte von abgewiesenen Patientinnen und Patienten wegen Überlastungen der Kliniken. Viele, ja die meisten Länder Europas würden sich eine Gesundheitsversorgung wie in Österreich und wie in Kärnten wünschen!
Fakt ist, dass das Gesundheitssystem in den vergangenen fünf Jahren konsequent weiterentwickelt und gestärkt wurde. Genau das werden wir auch künftig tun: Verantwortungsvoll, sachlich-fachlich fundiert, abseits von angstmachenden Schlagzeilen daran arbeiten, die Situation noch weiter zu verbessern. Die Entwicklung moderner Medizin verlangt ebenso wie die sich verändernden Bedingungen ein ständiges „Am-Ball-Bleiben“. So verhandeln Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner und ich gegenwärtig mit den Rektoren der MedUni Graz, Hellmut Samonigg, und der Alpen Adria Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch, sowie der Fachhochschule mit Aufsichtsrats-Vorsitzender Sabine Herlitschka und der KABEG über eine synergetische Kooperation von Medizin und Technologie.
Weiters zu erwähnen ist auch die Innovation, in den Kärntner Gemeinden so genannte AiM zu entwickeln – „Altern im Mittelpunkt“-Zentren, die für jede Kommune, für jede Region die maßgeschneiderte ärztliche und pflegerische Versorgung unter einem Dach bündeln sollen. Wir würden damit die Gesundheits- und Pflegeversorgung noch näher zum Menschen rücken – und sie noch sichtbarer machen.
Wir werden das mit Verantwortung tun. Und mit Weitblick. Warum? Weil wir heute für ein gesundes Morgen sorgen.
Peter Kaiser, 13.2.2023